Friedrich Steup wird am 2. August 1891 geboren, als Sohn des Karl Steup und seiner Ehefrau Helene, geb. Erbschloe. Der Vater ist Kaufmann zu Köln und führt gemeinsam mit seinem Bruder Otto in der Großen Witschgasse 40-42 ein Großhandelsgeschäft für wollene und halbwollene Waren. Bei den schweren Bombenangriffen auf Köln im zweiten Weltkrieg wurde die Große Witschgasse total zerstört und damit auch das Geschäftshaus Steup.
Friedrich war im Maschinenbaufach tätig, nachdem er vorher die höhere Maschinenbauschule in Aachen besucht und einen Ingenieur-Abschluss erworben hatte.
Nach Ausbruch des 1. Weltkriegs wird er im November 1914 zur Fußartillerie eingezogen, rückt Anfang 1915 ins Feld, um kurz darauf einem Kraftfahrerbataillon in Mannheim überwiesen zu werden, mit dem er nach Russland und später an die Westfront kommt.
Am 12. Juli 1919 verlobt er sich mit der aus Aachen stammenden Gerdrut (Gerta) Merkelbach, geb. Gerhards, die er am 31. Dezember 1919 heiratet.
Im Juli 1923 verbringt er einige Zeit auf der Nordseeinsel Juist, die Familie hatte 1906 dort ein Haus erworben. Zur gleichen Zeit sind der aus Ronsdorf bei Elberfeld stammende Fabrikant Adolf Dausend und seine 16-jährige Tochter Emilie seit dem 10. Juli 1923 zur Kur auf der Insel.
Am 11. Juli 1923 nachmittags wird Emilie von mehreren Personen auf dem Weg zur Ostspitze der Insel gesehen, in Begleitung eines Herrn der eine rote Badehose und einen weißen Bademantel trägt.
Am 12. Juli 1923 morgens früh findet man in einer Dünensenkung an der Wattseite der Ostspitze der Insel die Leiche eines jungen Mädchens, sie liegt unter einem kleinen Sandhügel mit dem Rücken nach oben, das Kleid ist nach oben zusammengeschoben und am Hals ist eine längere Wunde sichtbar. Es stellt sich heraus, dass es sich bei der Toten um die 16-jährige Emilie Dausend handelt.
Nach Mitteilung des Oberstaatsanwalts in Aurich ergibt die gerichtliche Obduktion, dass eine Vergewaltigung stattgefunden und der Tod wahrscheinlich durch Ersticken im Dünensand eingetreten ist. Für die Ergreifung des Täters setzt der Regierungspräsident in Aurich eine Belohnung von 5 Millionen Mark1) aus.
Es gibt Anfangs mehrere Verdächtige, doch im Laufe der Ermittlungen erhärtet sich der Verdacht gegen einen der Verdächtigen, den Ingenieur Friedrich Steup aus Aachen. Er gibt zu, sich in den Dünen zum Schlafen aufgehalten zu haben, er gibt auch zu eine rote Badehose getragen zu haben, leugnet aber jegliche Beteiligung an der Tat. Als ihm ein Bild des tot aufgefundenen Mädchens gezeigt wird, erklärt er dieses Mädchen nie gesehen haben.
Es wurde damals eine Abreisesperre über die Insel verhängt und es fand eine Abstempelung aller Pässe statt, um auf diese Weise den Täter zu finden. Friedrich Steup gibt hierzu an, dass ihn dabei ein Mädchen offen als Täter bezeichnet habe. Dies habe ihn so aufgeregt, dass er ¾ Liter Cognac getrunken habe und dann an den Strand gegangen sei, wo er in voller Kleidung Schwimmübungen gemacht habe. Dass das ein Selbstmordversuch gewesen sei, bestreitet er, doch ist damals in seiner Wohnung ein Abschiedsbrief gefunden worden, der die Unterschrift trug: "Euer unglücklicher Friedrich!"
Abends wird Friedrich Steup verhaftet und im Spritzenhaus der Insel Juist eingesperrt. Dort hat er in der Nacht versucht, durch Öffnen seiner Pulsadern, dem Leben ein Ende zu bereiten doch der Versuch misslingt. Trotz des Blutverlustes ist er noch in der Nacht ausgebrochen und hat in den frühen Morgenstunden am Strand einen weiteren Selbstmordversuch im Wasser unternommen. Er schwamm jedoch wieder an Land zurück, hielt sich bis Mittag in den Dünen auf und ging dann in seine Wohnung, wo er abermals festgenommen wurde.
Vor der Strafkammer des Landgerichts Aurich wurde Friedrich Steup im März 1924 angeklagt wegen eines Sittlichkeitsverbrechens mit Todesfolge. Am 22. März 1924 fand die Schluss-Verhandlung statt. Der Staatsanwalt betonte die Rohheit der Tat und beantragte 14 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte.2)
Der Angeklagte Steup leugnete seine Schuld bis zuletzt, aber die Beweiskette gegen ihn war für das Richterkollegium ausreichend für ein Urteil. Es ging im Strafmaß über den Antrag des Staatsanwalts hinaus und legte das Urteil auf 15 Jahre und 10 Jahre Ehrverlust fest. Der Angeklagte nahm das Urteil ohne Regung entgegen.
Im Oktober 1924 klärte sich der Fall endgültig auf, als Friedrich Steup im Zuchthaus von Lüneburg die Tat gestand.
1) Im Oktober 1921 wies die Mark noch ein Hundertstel ihres Wertes vom August 1914 auf, im Oktober 1922 nur mehr ein Tausendstel.
2) Der Ehrverlust oder Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte war eine Nebenstrafe im deutschen Strafrecht vor der Großen Strafrechtsreform 1969. Danach konnte neben einer Strafe auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden und zwar in allen Fällen der Verhängung der Todesstrafe oder einer Zuchthausstrafe, neben einer Gefängnisstrafe nur in gesetzlich zugelassenen Ausnahmefällen. Für einige besondere Delikte war der Verlust der Ehrenrechte neben Zuchthausstrafe zwingend. Dies waren Meineid, schwere Kuppelei und Geld- und Sachwucher. Die Folgen der Aberkennung der bürgerlichen Rechte bewirkte den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte sowie aller öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Während der Dauer konnten auch solche Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen nicht erlangt werden. Ferner bewirkte die Aberkennung den Verlust der Fähigkeit, in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden und andere politische Rechte auszuüben; Zeuge bei Aufnahme von Urkunden zu sein; Vormund, Nebenvormund, Kurator, gerichtlicher Beistand oder Mitglied eines Familienrats zu sein, es sei denn, dass es sich um Verwandte absteigender Linie handelte und die obervormundschaftliche Behörde oder der Familienrat die Genehmigung erteilte.