Willy Steup wird am 20. August 1882 zu Marienberg geboren, als Sohn des Reinhard Steup und seiner Ehefrau Emma, geb. Schüler. Willy war ein jüngerer Bruder unseres ersten Chronisten Emil Steup.

Er starb am 11. Februar 1896 zu Dillenburg, wo er das Gymnasium besuchte, an den Folgen einer Halserkrankung (Halsbräune [Diphtherie]), die er sich bei einem Fußballspiel zugezogen hatte. Die Krankheit trat so heftig auf, daß er ihr innerhalb 36 Stunden erlag. Er war ein gesunder und kräftiger Junge von schönem Wuchs und frischem Lebensgeist, der bei seinen Mitschülern beliebt und bei Freunden und Bekannten durch sein offenes und munteres Wesen gern gesehen war. Seine Leiche wurde nach Marienberg übergeführt und dort am 13. Februar 1896 unter allseitiger Beteiligung der Bevölkerung zu Grabe getragen.

Die Grabrede von Pfarrer Caesar in Marienberg hat folgenden Wortlaut:

Matth. 5,4:

Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Ein trauriger und schwerer Gang ist es, der uns hierher geführt hat, traurig insonderheit für Euch, die so hart Betroffenen, traurig für uns alle, die wir teilnehmend Euch in so zahlreicher Versammlung hierher geleitet haben. Wie sind wir doch alle erschüttert worden, als sich plötzlich die Trauerbotschaft in unserem Orte verbreitete! Ist es uns doch noch jetzt, als könnten wir es gar nicht glauben, was wir hier vor unseren Augen sehen, daß ein in schönster Jugendblüte stehendes Menschenkind mit einem Male eine Beute des Todes geworden ist! — Und wie mag Euch erst, liebe Leidtragende ums Herz geworden sein, als Euch die Schreckenskunde ereilte! Glücklich und von schweren Heimsuchungen verschont, so floß Euer häusliches Leben bisher dahin, hier und da vielleicht von einem leichten Wölkchen getrübt. Da, wie plötzlich am strahlenden Morgenhimmel finstere Wolken aufziehen, so ist unerwartet und schnell die Trübsal über Euer Haus heraufgezogen und hat Eures Herzens Freude in Trauer verwandelt. Ein heißgeliebter Sohn und theurer Bruder, durch besonders zarte Bande Euch ans Herz gekettet, ein Kind, das Euer Stolz und Eure Freude war, über dessen Leben Ihr mit liebevollster Sorgfalt ängstlich wachtet, an dessen Zukunft Ihr die schönsten und reichsten Hoffnungen knüpftet, er ist aus Eurer Mitte hinweggenommen. Gesund und wohlgemut verließ er Euch das letzte Mal, als er die Weihnachtsferien bei Euch zugebracht hatte, und — wer hätte es geahnt? — Ihr solltet ihn nicht mehr lebend wiedersehen. Oder sagte ihm schon damals, als er sich so zärtlich von Euch verabschiedete, eine leise Ahnung, daß es der letzte Abschied sei?

Wenn wir uns hier noch einmal sein Bild vergegenwärtigen, ein Bild strahlender Gesundheit und schönster Jugendfrische, wenn wir uns sein immer freundliches und munteres Wesen vorstellen, so daß jeder seine Freude an ihm hatte, und hier nun sehen müssen, wie des Todes grause Macht das Bild zerstört hat, so empfinden wir alle etwas von dem heftigen Schmerze', der Euch das Herz zerreißt und bis ins Innerste erschüttert. Wohl mag es Euch jetzt vorkommen, als sei der Sonnenschein aus Eurem Hause verschwunden, als sei es Nacht geworden in Eurem Leben, als könntet Ihr nie mehr so recht froh werden auf der Welt.

Doch sollt Ihr nicht also denken. Ihr sollt wohl Leid tragen; es wäre unmenschlich, es Euch verbieten zu wollen, aber so sollt Ihr Leid tragen, daß Euch das Wort gilt, das der gesprochen, der die Wahrheit ist: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden".

Auch in Eurem schweren Leide soll es Euch an Trost nicht fehlen. Aber wo wollt Ihr Trost suchen und finden? Das könnt Ihr nur, wenn Ihr Eure Gedanken erhebt zu dem, der Euch die schmerzliche Wunde geschlagen hat; zu dem Herrn, ohne dessen Willen kein Haar von unserem Haupte fällt, der nach seinem und nicht nach unserem Willen unser Lebensschifflein lenkt. Warum hat er Euch so betrübt? Wohl sind seine Wege für uns unerforschlich, aber sie sind weise und immer auf unser Bestes gerichtet. Die Gedanken, die er über uns hat, sind im letzten Grund nicht Gedanken des Leides, sondern Gedanken des Friedens. So bedenket auch Ihr es und haltet daran fest: Die ewige Liebe hat in Eurer Leben eingegriffen; es sind heilsame Absichten, die Gott mit Euch verfolgt, er will Euch durch Nacht zum Licht, durch Trübsal zu einem herrlichen Ziele hinführen. O so laßt Euch von ihm führen ohne Widerstreben; glaubet es, das Leid soll Euch zum Guten dienen! Höret, was ein Dichter sagt:

Kommt Dir ein Schmerz, so halte still! Und frage, was Gott damit will! Die ew'ge Liebe schickt Dir keinen Bloß darum, daß Du mögest weinen!"

Das aber zu wissen, ist das nicht ein großer Trost in Eurem Leid? Das Leid soll Euch ein Segen sein, es soll Eurem Leben eine höhere Weihe geben; es soll Euch herausreißen aus den irdischen Gedanken und Sorgen, daß Ihr Euren Geist frei erhebt zur andächtigen Verehrung der ewigen Liebe, deren Walten man sich getrost unterwerfen kann, wenn man es auch nicht versteht. Und Euer Kind ist Euch doch auch nicht gänzlich verloren. Es ruht in seines himmlischen Vaters Hand, und ist es bei ihm nicht besser aufgehoben als hier bei Euch? Der, bei dem seine letzten Gedanken noch weilten, der Heiland, dem es das Gelöbnis der Treue bald ablegen wollte, hat es zu sich genommen in sein himmlisches Reich, aus der Fremde hinweg in die wahre Heimat, in die Ihr dereinst auch einzugehen hoffet, um ewig mit Eurem Kinde vereint zu bleiben. Von dort ruft es Euch zu: „Klaget nicht über mich! Mir ist das Los gefallen auf das Lieblichste, mir ist ein schön Erbteil geworden!" Wollt Ihr es nun darum wieder zurückwünschen auf diese Erde, die so voll ist von Jammer und Elend, von dem Euer Kind in seinem ferneren Leben auch nicht verschont geblieben wäre? Darum tragt es mit stiller Geduld, daß Gott in so schmerzlicher Weise Euer Hoffen und Wünschen durchkreuzt hat; beugt Euch unter die gewaltige Hand Gottes wie einst Eli, der, als er dem Untergange seines Hauses entgegensah, sprach: „Es ist der Herr; er thue, was ihm wohlgefällt!" Gebt Euch nicht dumpfen fruchtlosen Hinbrüten hin! Laßt Euch nicht durch den Schmerz zu Boden drücken, daß Ihr nicht zu dem einen Leid neue hinzufügt, sondern erhebt getrost den Blick zu Gott und sprechet mit Glaubenszuversicht: „Wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen"; dann wird Eurem Schmerze der bitterste Stachel genommen, dann werdet Ihr mit neuer Hoffnung der Zukunft entgegensehen, Ihr werdet Kraft finden, die Traurigkeit zu überwinden durch ernste Arbeit in dem Berufe, in den Euch Gott gestellt hat und durch treue Pflichterfüllung im Kreise der Lieben, die Euch geblieben sind. Dann werdet Ihr es erfahren, daß es kein trügerisches Wort ist, das Wort des Herrn: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden!

Amen."

 

 

 

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