Monte Vista, den 9. September 1893
Lieber Vater und Geschwister!
Euern Brief erhalten und daraus ersehen, daß mein Paß nicht verlängert wird, was mir auch einerlei ist. Hoffentlich wird Robert doch loskommen.
Daß die Militärvorlage bewilligt worden ist, haben wir schon lange gewußt.
Die Frucht ist hier nicht sehr gut, weil wir keinen Regen hatten. Ein Stück Gerste ist schön und ein Stück Hafer. Der Weizen und der meiste Hafer ist nichts. Wir haben ungefähr ein Drittel Heu bekommen gegen letztes Jahr.
Allem Anschein nach und wie die Zeitungen sagen, ist es überall so schlecht. Hier sind sehr viele Gruben stillgelegt und viele Banken geborsten. Wir sind jetzt am Gerste schneiden.
Ich sende Euch nun nochmals 35 Dollar und bitte Euch nun nochmals die Hälfte von meinen jetzigen Schulden zu bezahlen. Das macht 65 Mark. Sollte es aber durchaus nicht gehen, so mögt Ihr das Geld anders verwenden. Ich würde Euch gerne mehr geschickt haben, aber ich kann es auch nicht so. Es kostet mich zu viel. Ich habe vor ein paar Wochen mir einen neuen Anzug und noch viele andere Sachen kaufen müssen, welches alles sehr teuer ist.
Wir sind noch alle recht gesund und munter.
Sonstige Neuigkeiten keine.
Entschuldigt meinen kurzen Brief, weil ich nichts mehr weiß, schließe ich mit den besten Grüßen.
Euch alle sowie Verwandte und Bekannte
Euer August
Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914