Otto Ludwig Steup wurde am 21. Juli 1888 in Köln geboren und bei Ausbruch des 1. Weltkriegs studierte  an der Universität Greifswald und stand unmittelbar vor seiner Doktorprüfung. Zum Offizierstellvertreter1) bei der Mobilmachung ernannt, rückte er mit einem neu zusammengestellten Infanterie-Regiment der Kriegsfreiwilligen Anfang Oktober 1914 ins Feld und zwar nach Flandern. Dort beim Sturm auf Passendale2) durch einen Schuß in den Oberschenkel schwer verwundet, wurde er nach seiner Genesung im Februar 1915 dem Infanterie-Regiment 99 überwiesen und von diesem kurz darauf mit einem Transport an die Kampffront im Osten geschickt.

Am 8. Mai 1915 zum Leutnant der Reserve im Infanterie-Regiment 99 befördert, erlitt er am 29. Juli 1915 durch Schrapnellschuß eine Verwundung am Unterbein (Knochensplitterung des Schienbeins). Im November 1915 aus dem Lazarett wieder entlassen, kam er, als nicht mehr kriegsverwendungsfähig, zu seinem Ersatz-Truppenteil, bei dem er wegen andauernder Abstoßung von Knochensplittern bis September 1916 verblieb, um dann wieder nach dem Westen an die Front zu gehen. Für hervorragende Tapferkeit vor dem Feind wurde ihm am 7. September 1917 das EK-I verliehen; mit dem EK-II war er bereits 1914 ausgezeichnet worden. Am 25. Dezember 1917 erhielt er einen schweren Brustschuß durch Infanteriegeschoß. Nach seiner Heilung rückte er Mitte Mai 1918 abermals ins Feld und starb am 25. August 1918 in den Kämpfen bei Bapaume3) den Heldentod fürs Vaterland, nachdem er schon viermal zur Verleihung des Hohenzollernschen Hausordens4) mit der Kriegsdekoration eingegeben worden war, einem Orden, der in der Regel erst nach sechs- oder siebenmaligem Vorschlag verliehen wurde.

Er liegt auf dem Ehrenfriedhof Rumaucourt in Frankreich begraben. Das Einzelgrab trägt die Nummer 1631. Er war Soldat durch und durch. Von seinen Verwundungen kaum wiederhergestellt, drängte es ihn immer wieder an die Front. Seine Tüchtigkeit als Offizier kennzeichnet der Regimentsbefehl vom 24. Juli 1918, wonach er als Kompanieführer der 9. Kompanie des Infanterie-Regiments-99 mit der Führung des dritten Bataillons während der Beurlaubung seines Bataillons-Kommandeurs, des Majors Sauer, betraut wurde. Wie beliebt er bei den Offizieren und Untergebenen war, kam so recht erst nach seinem Tode zum Ausdruck, als von allen Seiten aus dem Felde Beileidsschreiben eintrafen. Sein Regiments-Kommandeur schrieb am 9. September 1918 an seinen Vater Otto Steup folgenden Brief:

Im Felde, den 9. 9. 1918

Sehr geehrter Herr Steup!

Durch einen Offizier, der sich hinten im Ruhequartier befand, hatte ich Ihnen Mitteilung von dem Heldentode Ihres Sohnes machen lassen. Mir als seinem Bataillons-Kommandeur und Stellv. Regiments-Kommandeur war es leider nicht möglich, sofort an die Angehörigen all der vielen Kameraden, die wir jetzt verloren haben, zu schreiben, weil die Gefechtsführung in den schwierigsten Lagen meine ganze Kraft in Anspruch nahm. Sofort aber in der ersten ruhigen Stunde nehme ich die Gelegenheit wahr, Ihnen mein herzlichstes Beileid zu dem herben Verlust, der Sie betroffen hat, auszusprechen. Der Tod Ihres lieben Sohnes geht uns allen sehr nahe. In der kurzen Zeit, welche er dem 3. Bataillon wieder angehörte, habe ich ihn schätzen gelernt wegen seiner Tüchtigkeit und seiner militärischen Tugenden, nicht zum wenigsten als Kameraden wegen seiner Liebenswürdigkeit und seines lauteren Charakters. Er war der Besten einer und gerade die trifft das feindliche Geschoß am ersten. Er war seinen Leuten ein leuchtendes Beispiel, die mit der größten Hingabe an ihm hingen und von dem größten Vertrauen zu ihm beseelt waren. Vom allergrößten Tatendrange beseelt, ließ er keine Gelegenheit unbenutzt, um dem Feinde unter rücksichtslosem Einsatz seiner eigenen Person soviel Abbruch wie möglich zu tun. In unserem Herzen wird ihm ein dauerndes Denkmal errichtet sein, sein Heldenbeispiel wird bei uns nachklingen. Die erschütternde Nachricht von dem Heldentode Ihres Sohnes wird am Elternherzen eine tiefe Wunde geschlagen haben. Auch wir beklagen mit Ihnen das so frühe Hinscheiden Ihres Heldensohnes, der zu den besten Hoffnungen berechtigte. Möge der Allmächtige Ihnen Trost in Ihrem Leid geben! Am 24. 8. machten die Engländer auf unsere Stellungen bei Favreuil in der Nähe von Bapaume nach überwältigender Artillerievorbereitung einen Angriff, der unsere Linien zu durchstoßen drohte. Ihr Sohn sammelte seine Kompanie, um zum Gegenstoß vorzugehen. Als er als erster aus dem Graben heraussprang, schlug einige Schritte vor ihm eine Granate ein und überschüttete ihn mit Splittern, die in der Hauptsache in seine Brust eindrangen. Er fiel in die Knie, drehte sich nach seiner Kompanie um und winkte ihr dreimal zu, dann sank er entseelt nach hinten über. Es ist wahrlich ein schöner Tod, wie man ihn sich besser gar nicht denken kann. Man könnte ihn darum beneiden. Die Soldaten, die uns darüber berichteten, waren tief ergriffen und hatten Tränen in den Augen. Seine Leiche wurde nach hinten geschafft und in Rumaucourt unter Teilnahme von mehreren Herren der Division und des Regimentes auf dem dortigen Kirchhofe beigesetzt. Sein Grab trägt die Nummer 1631. An eine Überführung ist wohl leider vorläufig nicht zu denken, weil seine Grabstätte im Schlachtgebiet liegt. Sollten aber ruhigere Zeiten kommen und Ihr Wunsch noch bestehen, so wollen Sie sich gefl. den Bestimmungen entsprechend an das stellvertretende Generalkommando in Straßburg XV. A.-K. wenden. Dieses wird Ihnen dann die einschlägigen Bestimmungen zustellen. Über sonstige Auskünfte bin ich stets gern bereit. Indem ich Ihnen nochmals mein herzlichstes Mitgefühl ausdrücke, verbleibe ich mit der Versicherung der vorzüglichsten Hochachtung als Ihr ganz ergebener

Sauer, Major."

 

 

Anmerkungen:

1) Im deutschen Heer der Kaiserzeit war die Dienststellung des Offizierstellvertreters bereits 1887 geschaffen worden. Der Offizierstellvertreter rangierte vor dem Etatmäßigen Feldwebel und hinter dem Leutnant bzw. Feldwebelleutnant. Nach Kriegsende oder bei Entlassung war die Rückstufung in den alten Dienstgrad vorgesehen. Anrede war stets „Vizefeldwebel“ oder „Feldwebel“. Bis Januar 1919 trugen die Offizierstellvertreter die Uniform des Vizefeldwebels der „Alten Armee“, die Achselklappen jedoch zusätzlich mit metallfarbener Unteroffizierstresse seitlich und oben eingefasst. Von Januar bis Mai 1919 legten die Offizierstellvertreter die neuen Dienstgradabzeichen des Friedensheeres an: vier waagerechte Stoffstreifen aus hellblauen Tuch am linken Unterarm. Im Mai 1919 wurden den Unteroffizieren der Vorläufigen Reichswehr silberfarbene Winkel verordnet, die mit der Spitze nach unten auf beiden Ärmeln zu tragen waren. Den Offizierstellvertreter zeichneten vier Winkel aus, wobei die Spitze des untersten in einer einfachen Schlaufe endete. [Wikipedia 2019]

2) Passendale (auch Passchendaele) ist ein Ortsteil der Gemeinde Zonnebeke in der belgischen Provinz Westflandern, auf halbem Weg zwischen Ypern und Roeselare.

3) Im Ersten Weltkrieg gehörte die Region um Bapaume zu den heftig umkämpften Gebieten, die Stadt wurde fast völlig zerstört. Das Rathaus (erbaut 1610) wurde 1917 durch einen Sprengkörper der Deutschen (mit Zeitzünder) zerstört und 1935 unter Bürgermeister Abel Guidet wieder aufgebaut.„Zu den gehässigen Erfindungen gehörten die Zeitbomben, die man in den Kellern von unbeschädigten Gebäuden vergrub. Sie waren durch eine Metallwand in zwei Teile geteilt. Die eine Kammer war mit Sprengstoff, die andere mit einer Säure gefüllt. Nachdem man diese Teufelseier versteckt hatte, fraß die Säure in wochenlanger Arbeit die Metallwand durch und zündete. Eins von ihnen jagte das Rathaus von Bapaume in die Luft, gerade als sich in ihm die Spitzen der Behörden zu einer Siegesfeier vereint hatten.“ [Wikipedia 2019]

4) In Kriegszeiten wurde der Orden in zwei Klassen am schwarz-weißen Band verliehen: das Ritterkreuz ausschließlich an Offiziere, das „Kreuz der Inhaber“ an Unteroffiziere, die sich durch außergewöhnliche Tapferkeit und somit durch ihre besonderen Verdienste für das Vaterland hervorgetan hatten. Diese wurde ab 27. Februar 1864 durch zwei gekreuzte Schwerter kenntlich gemacht. Das komplizierte Auszeichnungssystem des Königreichs Preußen und des Deutschen Kaiserreichs, das keine Orden hatte, sah vor, dass kein Soldat für eine Leistung zweimal dieselbe Auszeichnung erhalten konnte. Ein Offizier, der bereits das Eiserne Kreuz I. Klasse besaß, bekam für eine wiederholte außergewöhnliche Leistung diesen Orden. Er war somit quasi eine Zwischenstufe zum Militärverdienstorden Pour le Mérite.[Wikipedia 2019]

 

 

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