Reinhard Steup war der Vater unseres ersten Chronisten Emil Steup. Er wurde am 23. Februar 1850 in Eichenstruth geboren, als Sohn des Franz Daniel Steup und seiner Ehefrau Marie Wilhelmine Steup, geb. Zeiler. Die Eltern lebten wie so viele andere der damaligen Zeit in einer Ehegemeinschaft zusammen und hatten schon drei Kinder gezeugt, bevor sie zivilrechtlich und kirchlich getraut wurden. Begründet durch die Herzogl. Nass. Regierung, die den ausgehobenen und für sechs Jahre dienstverpflichteten Soldaten nicht eher die Heiratserlaubnis erteilte, bis das Heiratsgut beisammen und der Nachweis darüber geführt war.
Am 22. April 1873 verheiratet er sich mit Emma Schüler geb. 6. September 1851 in Bretthausen, Tochter des Landwirts und Feldgerichtsschöffen Johannes Peter Schüler und seiner Ehefrau Elise Charlotte, geb. Menk zu Bretthausen. Aus der Ehe gingen 4 Kinder hervor, von denen die zwei jüngsten bereits gestorben sind.
Er widmete sich nach Entlassung aus der Volksschule dem Bürodienst, trat am 17. August 1864 bei der Herzogl. Nass. Landoberschultheißerei in Marienberg als Gehilfe ein, wurde am 27. April 1872 vom Kreistag zum Rendanten der Kreiskommunalkasse gewählt und unter Beibehaltung dieser Stelle am 24. März 1876 zum Amtsrechnungssteller ernannt. Bei Einführung der Kreisordnung am 1. April 1886 betraute man ihn mit der Verwaltung der Kreisausschußsekretärstelle zu Marienberg. Diese Stelle bekleidete er bis zum 1. Januar 1891, mit welchem Zeitpunkt ihm von der Kreisverwaltung die RendantensteIle bei der neugegründeten Kreissparkasse zu Marienberg im Hauptamt übertragen wurde, die er bis zum 1. Oktober 1917 versah.
Er war ein angesehener und geachteter Mann, der sich - nicht zuletzt durch eigene Kraft und Tüchtigkeit - zu seiner Stellung emporgearbeitet hatte. Ausgerüstet mit vorzüglichen Geistesgaben, war er unermüdlich tätig und hat in seinem Beruf und für seine Familie vieles geleistet. Allein Kummer und Sorge blieben auch ihm nicht erspart, und er sah zwei hoffnungsvolle Söhne im Alter von 13 und 33 Jahren vor sich ins Grab sinken. Die harten Schicksalsschläge ertug er mit Festigkeit und Würde und beugte sich gefaßt und ergeben den Führungen und Fügungen des allmächtigen Gottes.
Soldat war er nicht. 1870 wurde er bei der Musterung zu den Ulanen gezogen, konnte aber im Feldzug 1870/71 gegen Frankreich zu Hause bleiben, weil er reklamiert worden war. Durch Ersatz-Reserve-Schein vom 12. Februar 1873 wurde er der ersten Klasse der Ersatz-Reserve als Infanterist überwiesen. Dessen ungeachtet war er ein kräftiger und breitschultriger Mann, der eine Größe von 1,72 m hatte.
In früheren Jahren betätigte er sich auch als Rechtsberater und hat als solcher manchem aus seiner bedrängten und mißlichen Lage geholfen. Außerdem war er seit 1874 Vorsitzender der Gebäudeeinschätzungskommission im I. Schätzungsbezirk des Oberwesterwaldkreises für Aufstellung und Fortführung der neuen Brandkataster. Ebenso führte er in dem gleichen Bezirk bis Ende 1890 den Vorsitz in der Brandabschätzungskommission zur Feststellung der entstandenen Schäden bei eingetretenen Brandfällen. Die betr. Kommission bestand außer ihm als Vorsitzer noch aus zwei Mitgliedern, von denen das eine in der Regel ein Maurermeister und das andere ein Zimmermeister sein mußte. Bis Ende 1890 war er auch beratendes Mitglied im Aufsichtsrat des Marienberger Vorschußvereins (der jetzigen Westerwälder Volksbank). Bei Gründung des Lokalgewerbevereins für Marienberg und Umgebung am 16. Oktober 1897 wurde er in den Vorstand gewählt und bekleidete darin das Amt des Rechnungsführers.
In all diesen Stellungen hat er sich bewährt und immer seinen Mann gestanden. Er konnte zuweilen aufbrausend und heftig sein, hatte aber ein gutes Gemüt und trug weder Freund noch Feind etwas nach, selbst wenn der eine oder andere ihn gekränkt und in Ungelegenheiten gebracht hatte.
Am 1.Oktober 1917 trat er in den wohlverdienten Ruhestand, nachdem er über 50 Jahre seine bewährte Kraft in den Dienst der Kreisverwaltung gestellt hatte. Seinen Rat hörte man gern, und sein sicheres Urteil, das einen klaren Blick und gesunden Verstand verriet, wurde allgemein geschätzt. Mit den Kreis- und örtlichen Verhältnissen genau vertraut, besaß er reiche Kenntnisse, die ihn befähigten, sich auch auf schwierigen Arbeitsgebieten rasch zurechtzufinden. Er hat der Kreisverwaltung schätzenswerte Dienste geleistet. Vielen war er ein selbstloser Freund und manchem in Bedrängnis eine helfende Stütze. Er war ein berufener Beamter von reichem Wissen, großer Erfahrung und unermüdlichem Fleiß.
Für seine eifrige und erfolgreiche Tätigkeit bei Unterbringung der Kriegsanleihen erhielt er 1917 das Verdienstkreuz für Kriegshilfe. und für die treue, fleißige und ersprießliche Arbeit in der langen Dienstzeit wurde ihm 1918 Allerhöchst der Kronenorden IV. Klasse verliehen. Außerdem besaß er als langjähriges Mitglied der Marienberger Freiwilligen Feuerwehr das Erinnerungszeichen für Verdienste um das Feuerlöschwesen. Der Wehr hatte er von ihrer Gründung ab angehört, aus welchem Grunde ihm auch die silberne Verdienstnadel zuerkannt worden war. Anläßlich der Feier des 50 jährigen Bestehens der Wehr wurde er am 14. Juni 1930 als ihr Mitbegründer zum Ehrenmitglied für seine der Wehr bewiesene Treue ernannt.
Bis zu seinem Tode war er ein rüstiger Mann von ungeschwächter Lebenskraft und seltener geistiger Lebhaftigkeit geblieben. Den besten und treuesten Freund hatte er in dem Buchhändler und früheren Kontrolleur der Kreissparkasse Hermann Schnabelius in Marienberg, der auch nacheinander Gemeinderatsmitglied und Beigeordneter von Marienberg war, und der an allem aufrichtigen Anteil nahm, was das Wohl und Wehe seiner Familie berührte.
Die Mutter des Verfassers (Emil Steup) wurde am 6. September 1851 zu Bretthausen geboren, im März 1865 nach erlangter, sehr guter Befähigung aus der dortigen Volksschule entlassen und am 6. August 1865 in der Kirche zu Neukirch vom Pfarrer Reber konfirmiert. Sie war eine charakterfeste, pflichttreue und strebsame Frau, eine gute Mutter, die in der Sorge um das Wohlergehen ihrer Kinder ihren Hauptlebenszweck erblickte. Freilich wurde auch ihr manche Hoffnung zerstört, und es kam vieles anders, als sie es gern gewünscht hätte. Doch bei allem Leid blieb sie standhaft, und ihr Gottvertrauen hat sie nicht verlassen und gab ihr in den schweren Stunden der Heimsuchung Kraft und inneren Halt. Indessen den Schmerz über den jähen Verlust der beiden Söhne hat sie nur schwer überwinden können. Das mag auch dazu beigetragen haben, daß sie sich immer mehr in ihre Häuslichkeit zurückzog und schließlich den Verkehr mit fernerstehenden Personen vermied. Ihr Wirken und Streben galt nur noch der Familie und den Nachkommenden. Gleichwohl liebte sie eine rücksichtsvolle Behandlung und sah gern, wenn man auf ihre Gedankengänge einging. Einem alten Bauernstamme entsprossen, besaß sie den festgewurzelten Väterstolz, der ihr sagte: "Immer fleißig und sparsam, stets voran und nie zurück!" Grundsätze, an denen sie streng festhielt und die ihr zeitlebens als Richtschnur dienten. Bis zu ihrem Tod war sie geistig noch sehr rege, aber infolge der mancherlei Schickungen waren ihre Beine so schwach geworden, daß sie außerhalb des Hauses ohne Unterstützung nicht mehr gehen konnte und die beiden letzten Jahre ihres Lebens im Bett zubringen mußte. Die Unbeständigkeit des irdischen Glückes hatte sie oft bitter erfahren müssen.
Ihren Familienstand begründeten die Eltern des Verfassers 1873 in Marienberg, wo sie in dem alten Gustav Häbelschen Hause Wohnung nahmen. Am 18. Juli 1874 brannte fast der ganze obere Teil von Marienberg ab und damit auch das Häbelsche Haus. Infolgedessen verzogen sie nach dem benachbarten Eichenstruth und mieteten sich dort in dem Ludwig Hofmannschen Hause ein. Nach dem Aufbau des Häbelschen Hauses, in dem der Verfasser (Emil Steup) geboren wurde, siedelten sie wieder nach Marienberg über. Durch die Bautätigkeit angeregt und in dem Bestreben, ein eigenes Heim zu besitzen, erwachte auch in ihnen die Baulust, und sie erwarben als Bauplatz von dem Kaufmann Friedrich Ferger 2 Grundstücke an der Ecke der Wilhelm- und Friedrichstraße, auf denen vor dem Brand zwei alte Scheunen gestanden hatten. Nach Genehmigung des Bauplanes wurde im Frühjahr 1877 mit dem Neubau begonnen. Die Bauarbeiten wurden so gefördert, daß das massiv erstellte Haus im Oktober 1877 bezogen werden konnte. Stall und Scheune, die in Fachwerk errichtet waren, dienten aber nicht ihren Zwecken. Sie wurden daher im Jahr 1885 ebenfalls zu Wohnräumen umgebaut und einige Jahre später 1889 die Mansarden eingerichtet. 1896 wurde die Hochdruckwasserleitung in Marienberg erbaut. Seit dieser Zeit wird das Haus mit dem nötigen Wasser versorgt. 1898 erfolgte die Errichtung des Marienberger Elektrizitätswerkes mit seinem Orts- und Stromnetz, dem das Haus angeschlossen wurde. 1913 brachte man auf der Giebelseite des Hauses den Balkon an, der im Sommer 1949 teilweise erneuert werden mußte. In den Jahren 1927/28 wurde das Schieferdach neu aufgelegt. 1949 unterzog man das Haus einer gründlichen Ausbesserung, und 1951 wurde die Waschküche betoniert. Sonstige bauliche Veränderungen sind an dem Haus nicht vorgenommen worden. Es ist in der Nassauischen Brandkasse mit 12000 Mark versichert und trägt die Nummer 1 der Friedrichstraße. Das Haus hat eine schöne Lage, und mit ihm sind manche liebe Erinnerungen der Kinder aus ihrer Jugendzeit verknüpft, die sie immer wieder gern nach Hause eilen ließen, um sich in den wohnlichen Räumen des Hauses von angestrengter Arbeit oder Krankheit zu erholen und bei der fürsorglichen elterlichen Pflege wieder neue Kräfte für die harte Lebensarbeit zu sammeln.
Der Verfasser (Emil Steup) muß gestehen, daß ihn die Heimwehseligkeit immer wieder auf die Höhen des geliebten Westerwaldes zog, selbst als er sich in St. Goarshausen aufhielt, einem schönen Rheinstädtchen,wo er nahezu 17 Jahre lang Kreissekretär war und seine Familie gegründet hat. Er lebte stets in der frohen und zuversichtlichen Hoffnung, daß es ihm dereinst vergönnt sein möge, seinen Lebensabend nach getaner Pflicht in Sorglosigkeit und behaglicher Ruhe in seinem Vaterhaus in Marienberg verbringen zu können. Der Wunsch ist zwar in Erfüllung gegangen, aber der plötzliche Tod seiner Eheliebsten und ·kurz darauf der Ausbruch des zweiten Weltkrieges mit seinen furchtbaren Verheerungen und Schrecknissen sowie die unheilvollen Auswirkungen des verlorenen· Krieges haben ihm doch seinen Lebensabend stark getrübt. Bei aller Schwere ist er indessen zufrieden geblieben und überwindet die Einsamkeit durch Beschäftigung mit den ihm liebgewordenen Forschungsarbeiten über Familien- und Heimatgeschichte, die seine Arbeitskraft mehr oder weniger in Anspruch nehmen, ihn manches Leid vergessen lassen und ihm sagen, daß im Heimatboden die starken Wurzeln unserer Kraft ruhen, die fähig sind, ein Geschlecht hervorzubringen, das bereit und in der Lage ist, am Wiederaufbau Deutschlands, das zu einem Scherbenhaufen zerschlagen wurde, tatkräftig mitzuwirken. Wenn man heute überall vom deutschen Wunder liest und spricht, so hat das seine begründete Berechtigung, und mit Stolz darf das deutsche Volk auf seine Arbeitsleistung in den letzten 8 Jahren zurückblicken, die nur durch angestrengten Fleiß und einen starken und unbeugsamen Willen möglich war.
Nach dem Tod der Eltern wurde das Haus im September 1949 in ungeteilter Erbengemeinschaft auf den Namen des Verfassers und den seiner Schwester Ottilie zum Einheitswert von DM 8 000,- im Grundbuch von Marienberg überschrieben.
Am 22. April 1923 feierten die Eltern des Verfassers das seltene Fest ihrer goldenen Hochzeit. Zu der Feier wurde ihnen von der Staatsregierung eine Jubelgabe von 20000,- Papiermark überwiesen. Daneben gingen zahlreiche Glückwunschkarten und Telegramme von nah und fern ein. U. a. sandte Herr Landrat Ulrici in Marienberg folgendes Schreiben:
"Marienberg, den 21. April 1923.
Sehr geehrter Herr Rendant Steup!
Aus Anlaß des seltenen Familienfestes, das Sie mit Ihrer Gattin morgen in besonderer geistiger und körperlicher Frische begehen, spreche ich Ihnen namens der Kreiskörperschaften die aufrichtigsten und herzlichsten Glückwünsche aus. Möchte ein gütiges Schicksal Sie und Ihre Gattin weiterhin gesund erhalten, damit es Ihnen vergönnt ist, im Kreise der Ihren auch die diamantene und eiserne Hochzeit feiern zu können.
Wenn man an einem so bedeutsamen Lebensabschnitt angelangt ist, schaut man unwillkürlich zurück auf die vergangenen Jahre. Nicht immer hat die Sonne wolkenlosen Glückes über Ihnen geschienen. Aber im ganzen genommen, werden Sie doch sagen können, daß Sie Gott für den Segen, der Ihr Leben begleitet hat, danken können. Bis in Ihr hohes Alter war Ihnen reiche Arbeit in Ihrem Dienste beschieden. Was Sie in langen Jahrzehnten dem Oberwesterwaldkreise in treuer Arbeit geleistet haben, daran denken die Kreiskörperschaften und ich anläßlich Ihres morgigen Familientages mit besonderer Dankbarkeit zurück.
Mit dem nochmaligen Ausdrucke meiner aufrichtigsten und herzlichsten Glückwünsche für Sie und Ihre Gattin bin ich wie stets
Ihr aufrichtigst ergebener Ulrici."
Außerdem beehrte er sie mit seiner Gattin am Morgen des Jubeltages mit einem Besuch. Das gleiche taten Herr Dekan Heyn und Herr Pfarrer Caesar aus Marienberg Herr Regierungspräsident Büchting in Liegnitz ließ einen in liebevoller Form gehaltenen Brief überreichen, in dem er seine Glückwünsche mit warmen Worten treuen Gedenkens und der Anerkennung zum Ausdruck brachte. Die früheren Mitarbeiter der Kreisverwaltung erfreuten die Eltern durch ein ebenso sinniges wie praktisches Geschenk mit einem wohltuenden Begleitschreiben. Freunde, Nachbarn und gute Bekannte überbrachten Blumen oder übermittelten persönlich oder auf andere Weise ihre Glückwünsche.
Leider konnte die von den Kindern und nächsten Angehörigen im engen Familienkreis geplante Feier wegen der unglücklichen Zeitverhältnisse in der vorgesehenen Weise nicht stattfinden. Nichtsdestoweniger war es ihnen ein Herzensbedürfnis, durch Beweise der Anhänglichkeit und Liebe des Jubelpaares zu gedenken. Um die alten Leute an ihrem Ehrentag nicht ganz allein zu lassen, erschienen zu der Jubelfeier der Verfasser und sein Schwager Blumenstein, der zur Aufmunterung und würdigen Hebung der Feststimmung in Wort und Schrift viel beitrug. Die "Westerwälder Zeitung" brachte über die Feier folgenden Artikel:
"Marienberg, den 25. April 1923
Am Sonntag begingen die Eheleute Kreissparkassenrendant Reinhard Steup das goldene Hochzeitsfest. Da die Angehörigen infolge der feindlichen Besetzung nicht alle anwesend sein konnten, wurde das Fest in aller Stille begangen. Die hohe Wertschätzung des Jubelpaares kam aber doch in der allseitigen herzlichen Mitfreude an dem Jubiläum zum Ausdruck. Herr Landrat Ulrici überbrachte die Glückwünsche der Kreisverwaltung, Herr Dekan Heyn neben den persönlichen auch die Wünsche unseres früheren Landrats und jetzigen Regierungspräsidenten Büchting. Ferner hatte es sich die Beamtenschaft nicht nehmen lassen, ihrem früheren Kollegen ihre freudige Teilnahme auszudrücken. Möge dem hochbetagten Paare, das den Ehrentag in echter geistiger Frische begehen konnte, noch ein langer, zufriedener Lebensabend beschieden sein."
Die Mutter des Verfassers (Emil Steup) war in den beiden letzten Jahren ihres Lebens, wie schon erwähnt, ans Bett gefesselt und konnte dasselbe nicht mehr verlassen. Während dieser Zeit wurde sie in aufopfernder und entsagungsvoller Weise von ihrem Lebenskameraden gepflegt und betreut. Am 2. Dezember 1929 erlag sie einem Schlaganfall. Ihre letzten Worte waren: "Reinhard, bleib bei mir!" Damit hatte ein gutes Mutterherz aufgehört zu schlagen. Die Leiche wurde am 5. Dezember 1929 auf dem Marienberger Friedhof unter reger Beteiligung der Bevölkerung beigesetzt.
Ihr Ehegefährte, der Vater des Verfassers, überlebte sie noch drei Jahre und drei Monate. Er, der bis an sein Lebensende geistig frisch und körperlich rüstig geblieben war, starb infolge eines Gehirnschlages am 4. März 1933 im Alter von 83 Jahren plötzlich und unerwartet nach einem Leben voller Mühe und Arbeit, in dem er über Höhen und durch Tiefen wandern mußte, und über dem nicht immer die Sonne des Glückes geschienen hatte. Seine Leiche wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung von nah und fern am 7. März 1933 an der Seite seiner Ehegattin auf dem Friedhof in Marienberg zur letzten Ruhe gebracht.
Der damalige Vorsteher der Kreissparkasse Germann widmete ihm, dem ersten und langjährigen Leiter der Kasse, nachfolgende Gedenkrede:
"In tiefem Schmerz und ehrlicher Trauer stehen wir am offenen Grabe eines Mannes, der über ein halbes Jahrhundert lang im öffentlichen Dienst seine ganze Kraft für das Wohl seiner Heimat eingesetzt hat. In 1864 trat er in die Dienste der Nassauischen Landesoberschultheißerei, im Jahre 1917, also nach 53 Jahren, ging er infolge Erreichung der Altersgrenze in den wohlverdienten Ruhestand. Lange Jahre war der Verstorbene Rendant der Kreiskommunalkasse und seit Gründung der Kreissparkasse im Jahre 1891 auch deren Leiter. In seiner verantwortungsvollen Stellung hat er sich durch Fleiß, Pflichttreue und unbestechliche Ehrlichkeit nicht nur die Hochachtung seiner Vorgesetzten, sondern auch die Liebe und Verehrung seiner Mitarbeiter und vor allem der Bevölkerung erworben. Allen, die ihn gekannt und verehrt, wird die markige Gestalt, werden die von weißem Bart umrahmten gütigen Gesichtszüge des lieben Verstorbenen in dauerndem Gedächtnis bleiben.
Und wenn es heute heißt, von diesem achtbaren und ehrenwerten Menschen Abschied zu nehmen, so bleibt mir nur eins: Ausdruck zu geben der stillen, tiefempfundenen Dankbarkeit, die wir ihm schulden und immer schulden werden. Uns Lebenden soll das Leben und Wirken des lieben Verstorbenen Vorbild und Mahnung sein zu gleich treuer, opferbereiter und hingebungsvoller Arbeit im Dienste an Volk und Vaterland.
Als letztes äußeres Zeichen des Dankes darf ich im Namen der Kreisverwaltung und der Kreissparkasse diesen Kranz an seinem Grabe niederlegen.
Er ruhet nun aus von seiner Arbeit, und seine Werke folgen ihm nach."
Ebenso brachten die "Westerwälder Zeitung" in Nr. 57 ihrer Ausgabe vom 8. März 1933 und die "Nassauische Zeitung" über sein Ableben und Wirken ehrende Nachrufe. Der Nachruf in Nr. 57 der "Nassauischen Zeitung" vom 8. März 1933 hat folgenden Wortlaut:
"Marienberg, 8. März. (Begräbnis).Selten sind Hochachtung und Wertschätzung gegenüber einem Menschen eindrucksvoller bekundet worden, als bei dem Leichenbegängnis für den verstorbenen Kreiskommunalkassen- und Kreissparkassen-Rendant i. R. Reinhard Steup, dessen sterbliche Hülle gestern nachmittag der Erde übergeben wurde. Ein außergewöhnlich großer Leichenzug geleitete den Heimgegangenen zum Friedhof, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, die ihm in so hohem Maße gebührte. Die allgemeine Sympathie für den Verstorbenen war sowohl in seiner achtungs gebietenden Persönlichkeit als auch in seinem menschlichen Wesen begründet. Lauterkeit war das besondere Merkmal seines Charakters, gepaart mit Ehrlichkeit und Pflichttreue im Beruf sowie Leutseligkeit im Umgang mit den Mitmenschen. In allen Kreisen der Bevölkerung genoß er höchstes Ansehen, das durch die allseitige und starke Teilnahme am Begräbnis in so verdienter Weise gewürdigt wurde. Den Leichenzug eröffnete die Feuerwehrkapelle, deren gedämpften musikalischen Klängen der Trauer um den Toten Ausdruck gaben. Die freiwillige Feuerwehr mit umflorter Standarte im Trauerzuge ehrte durch Geleit ihren einstigen Mitbegründer und eifrigen Förderer. Zahlreiche Beamte und Angestellte der Kreisverwaltung, in deren Dienst der Verstorbene ein Menschenalter hindurch seines Amtes waltete, gingen hinter dem Sarge. Herr Pfarrer Schwalbach zeichnete in seiner tiefempfundenen Grabrede ein Lebensbild des Toten, dessen tiefreligiöser Sinn in Glaubensstärke und Gottvertrauen wurzelte. Religiöse Lebensauffassung war der Boden seines von Gerechtigkeit und Nächstenliebe diktierten HandeIns, Glaubensstärke die Kraftquelle zur Erfüllung der ihm zugewiesenen vielfachen Aufgaben und Gottvertrauen der Trostspender in Leid und Schicksalsprüfung während seines durch hohes Alter begnadeten Lebens. Die Arbeit war ihm nicht Last, sondern innere Freude, ausgelöst durch das Gefühl der Genugtuung und des Bewußtseins, der Allgemeinheit zu dienen. Im Namen der Kreisverwaltung widmete Herr Kreissparkassenvorsteher Germann dem Verstorbenen einen warmherzigen Nachruf. Unter Hinweis auf die Beamtenlaufbahn desselben rühmte der Vertreter der Kreisverwaltung an dem aus dem Leben Geschiedenen seine Tugenden unbestechlicher Ehrlichkeit, stark ausgeprägten Pflichtgefühls und peinlichster Gewissenhaftigkeit, durch die er das Vorbild eines von äußerster Korrektheit durchdrungenen Beamten verkörperte. Für die freiwillige Feuerwehr sprach Herr Feuerwehrkommandant Kaus Worte des Dankes an den toten Kameraden für seine kameradschaftliche Treue und in Anerkennung seiner Verdienste um das Feuerlöschwesen. Die Musik spielte das Lied vom guten Kameraden. Viele Kränze als äußeres Zeichen der Verehrung schmückten das Grab des Entschlafenen, dem in wohlverdienter Anerkennung seiner Rechtschaffenheit allseits Gerechtigkeit zuteil wurde in Beherzigung des Wortes: "Ehre, dem Ehre gebührt". - Ein arbeitsreiches Leben hat mit dem Dahingeschiedenen seinen Abschluß gefunden, das ausschließlich und ununterbrochen dem Kommunaldienst gewidmet war. Seine noch unter Herzogl. Nassauischer Verwaltung begonnene Dienstzeit fällt in das Jahr 1864. Ursprünglich war er bei der Nassauischen Oberschultheißerei Marienberg als RechnungssteIler des Amtes Marienberg tätig. Die spätere Beschäftigung auf dem Büro des Kreisausschusses bedingte im Jahre 1886 die Entlastung vom Rechnungsstellerdienst. Im Jahre 1872 begann seine Beamtenlaufbahn als Kassenrendant, indem er die Verwaltung der Kreiskommunalkasse übernahm und 1891 auch mit der Verwaltung der neugegründeten Kreissparkasse betraut wurde. In der Eigenschaft als Kreiskommunalkassen- und Kreissparkassen-Rendant ist Herr Steup im Jahre 1917 aus dem Verwaltungsdienst geschieden, um na.::h 53jähriger Diensttätigkeit in den wohlverdienten Ruhestand zu treten. Als Ausdruck der Anerkennung für treue Pflichterfüllung im Kreisverwaltungsdienst wurde ihm von der Preußischen Regierung der Kronenorden IV. Klasse sowie das Verdienstkreuz für Kriegshilfe verliehen. Die Freiwillige Feuerwehr würdigte seine Verdienste um das Feuerlöschwesen durch Verleihung des Feuerwehrehrenzeichens. - Nach einem Alter von 83 Jahren ist Herr Steup heimgegangen. Geistesfrische und körperliche Rüstigkeit sind ihm bis ins hohe Alter erhalten geblieben. Schnell ist der Tod an ihn herangetreten, der seinem Leben durch Herzschlag plötzlich ein Ziel setzte. - Ein Sohn des Verstorbenen hat ebenfalls die Beamtenlaufbahn ergriffen und ist als Regierungs-Oberinspektor bei der Regierung in Wiesbaden tätig. Er hat seinerzeit durch die Herausgabe einer Familienchronik über die weitverzweigte Familie Steup eine der Pflege der Familientradition und Heimatkunde im engeren Sinne des Wortes dienende, mühevolle, aber dankbare Aufgabe erfüllt."