Platoro Mai 7th 1901
Lieber Vater und Geschwister!
Euern lieben Brief habe ich heute erhalten und will Euch antworten. Werde Emilie ihren Brief in einigen Tagen beantworten. Es freut mich immer, wenn ich einen Brief von Euch bekomme und solltet Ihr Euch weiter keine Gedanken über das Dach machen. Ich werde Euch das Geld schikken, sobald ich von Monte Vista kriegen kann. Es nimmt vielleicht eine oder zwei Wochen in Anspruch, da ich erst noch der Bank schreiben muß. Ich habe noch etwas Geld da, was ich mir gespart hatte und werde Euch 100 Dollar schicken. Das wird wohl alles bezahlen. Wir haben bis jetzt noch nicht viel Erz gefunden. Wir haben genug Erz, um unsere Expences (Essen und Kleider) daraus gemacht diesen Winter und haben jetzt bessere Aussichten wie früher und können vielleicht jederzeit viel Erz finden und viel Geld dabei machen. Man muß ja im Leben manchmal viel riskieren und übrigens verliere ich nicht mehr, wie die Zeit, wo ich hier gearbeitet habe, da ich jederzeit Arbeit bekommen kann wie ich früher hatte.
Es sind Hirsche, die wir geschossen hatten (auf dem Bild). Wegen dem Gelde hättet Ihr Euch nicht so viel Gedanken machen sollen und nur immer nachts schlafen, solltet Ihr mich wissen lassen, wenn Ihr unbedingt Geld haben müßt. Ich schreib unbedingt, was ich nicht hätte tun sollen, denn ich weiß ganz gut, daß Ihr anders nicht dafür fragen tätet. Übrigens solltet Ihr Euch nicht so viele Gedanken darüber machen und mich darüber erst fragen und im Falle ich kein Geld habe, dann ist es noch früh genug, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, denn so lange ich noch einen Cent habe, könnt Ihr ihn haben. Es macht ja weiter nichts aus, ob die anderen für sich selbst sorgen oder nicht. Hoffentlich kommt die Zeit bald, wenn wir noch einmal alle zusammen sein können. Man muß nur immer den Mut nicht verlieren.
Ich hatte einen Brief von Karl ungefähr 8 Wochen zurück und will ihm bald antworten und ihm eins von den Jagdbildern schicken. Louis sein Onkel, Theodor Metzger, hatte am 13. April ... [Ende fehlt]
Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914