Denver 15.5.1910

 

Lieber Vater und Schwester!

Euern lieben Brief erhalten und will Euch heute antworten.

Auch Karls Brief erhalten. Leider kann ich sein Anerbieten nicht annehmen, denn erstens würde es mir in Deutschland nicht mehr gefallen, zweitens habe ich kein Geld, um wieder nach Deutschland zu kommen und drittens ist es überhaupt keine gute Idee, mit Verwandten oder Brüdern ins Geschäft zu gehen. Ich bin überhaupt ein sonderbarer Kunde und habe meine eigenen Wege, wo durchaus nicht mit vielen Ideen schaffen.

Ich werde diesen Sommer, wenn möglich, mein Geschäft verkaufen und sonstwo arbeiten. Ich denke, ich gehe wieder in die Gruben. Bei meiner Arbeit kommt immer alles auf einmal, und manche Wochen muß ich den ganzen Tag und auch halbe Nächte arbeiten. Freitagnacht kam ich um 3 Uhr morgens nach Hause und so geht das immer, manchmal hat man für ganze Wochen nicht viel zu tun, und das nächste mal muß man Tag und Nacht und sonntags arbeiten. Ich arbeite oft sonntags.

Ich weiß Euch nicht viel von hier zu schreiben, das Euch interessiert. Alle meine Verwandten sind, soviel ich weiß, ganz munter und es geht ihnen soweit gut.

Karl schreibt mir, daß er ziemlich viel Geld verloren hat durch einen Kompagnion, den er hatte. Es scheint mir, als ob Karl sich mit zuvielen Sachen herumplagt. Es tut mir leid, daß er immer krank ist. Meine Gesundheit ist das Beste, was ich habe.

Ich täte wohl gerne einmal nach Deutschland kommen, aber ich denke nicht, daß etwas daraus wird, denn es kostet zuviel Geld und ich habe keins (bloß Schulden, das ist alles).

Ich werde Karl die nächsten Tage schreiben, wenn ich mich mehr danach fühle, denn ich hasse zu schreiben.

Sonst weiß ich nichts mehr zu schreiben.

 

Mit vielen Grüßen. Euer Sohn und Bruder

August.

 

Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914

 

 

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