Philipp Christian Steup war Töchterschullehrer, Schreibmeister und Organist, geb. zu Dillenburg am 29. November 1775. Am 15. Januar 1812 heiratete er Susanne Wilhelmine Steup, Tochter des verstorbenen Präceptors Johann Heinrich Steup zu Nassau. Außer der Tochter Christine hatte das Paar noch drei weitere Kinder.
Philipp Christian war ein tüchtiger und verdienter Schulmann und ein großer Musikfreund. 'Rühle von Lilienstern', der Direktor der Municipalität Dillenburg, sagte über ihn in einem Bericht an den Präfekten des Sieg-Departements*) am 3. August 1809 folgendes:

"Von diesem jüngeren Steup als einem talentvollen, kenntnisreichen, sehr verdienten Schulmanne werde ich zu einer anderen Zeit ein mehreres anzuführen die Ehre haben. Dieser außerordentliche Mann verdient nicht nur dem hohen Ministerio, sondern auch der literarischen Welt bekannt zu werden."

In einem späteren Bericht vom 21. Oktober 1809 an Seine Excellenz, den Herrn Minister des Innern zu Düsseldorf, heißt es von ihm:

"... Der Schullehrer-Adjunkt Steup ist als Stellvertreter seines Vaters ohne Besoldung bei der hiesigen Töchterschule seit zehn Jahren angestellt und hat sich wirklich große Verdienste durch den Unterricht bei Eltern und Kindern erworben. Diesem Unterricht und seinem unermüdeten Fleiße, unter welchem beinahe seine schwächliche Gesundheit erliegt, verdanken viele Töchter der Stadt ihre Bildung. Daher kommt es, daß er bei dem Publikum in allgemeiner Achtung steht und daß bei seinen öffentlichen Schulprüfungen selbst Auswärtige sich als Zuhörer einfinden ..."

Auf diesen Bericht hin bewilligte man ihm eine außerordentliche Gratifikation von 67 Gulden und 30 Kreuzern aus dem Überschuß des Schullehrer-Seminarfonds.
Er wurde im September 1810 von der Regierung zum Studium der Pestalozzischen Lehrart und zur Erweiterung seiner Kenntnisse nach Frankfurt a. M. und Heidelberg entsandt und hat die dabei gemachten Beobachtungen und gesammelten Erfahrungen zur etwaigen Nutzanwendung für seine Schule in dem Reisebericht vom 20. Oktober 1810 niedergelegt. Die Urschrift dieses Berichtes wird im Staatsarchiv zu Wiesbaden aufbewahrt. Die Vorstellung, in der er um Genehmigung und Bewilligung der Geldmittel zu der vorerwähnten Reise einkam, legte der damalige Präfekt des Sieg-Departements zu Dillenburg*) mit nachstehender Befürwortung dem Herrn Minister des Inneren zu Düsseldorf vor:

"Dillenburg, den 4. August 1810.
Der Lehrer an der hiesigen Töchterschule, Herr Steup, hat mir in der angebogenen Vorstellung seinen Wunsch zu erkennen gegeben, zu einer Reise, welche er in den bevorstehenden Ferien zur Erweiterung seiner Kenntnisse nach Frankfurt a. M. und nach Heidelberg unternehmen will, eine Unterstützung aus irgend einem öffentlichen Fonds zu erhalten, pp. Da er schon seit elf Jahren der hiesigen Töchterschule mit ungetheiltem Beyfall vorstehet, und diese Anstalt, wie ich mich bei dem gestrigen Examen selbst überzeugte, zu einem nicht geringen Grade der Vollkommenheit erhoben hat, so ist zu vermuthen, daß er auch in verhältnismäßig kurzer Frist viele wichtige Beobachtungen zum Nutzen seiner Schule und zur Nachbildung für andere benachbarte Schullehrer werde machen können ..."

Daraufhin verfügte der Minister unterm 18. August 1810, daß es bei den erprobten Geistestalenten des Lehrers Steup unbedenklich nützlich sei, wenn inländische Schulmänner sich mit der Pestalozzischen Lehrart, besonders in denjenigen Schulen, wo diese neuere Unterrichts-Methode bereits eingeführt sei oder noch versucht werde, durch unmittelbare Beachtung des Wirkens und der Wirkungen näher bekanntmachten, und genehmigte zugleich, daß Herrn Steup zu der Reise, welche er in erwähnter pädagogischer Absicht in den bevorstehenden Schulferien nach Frankfurt a. M. und Heidelberg zu unternehmen Vorhabens sei, der begehrte Kostenbeitrag mit 130 Francs aus dem Bestand des Dillenburger Seminariums-Fonds angewiesen werde.
Das Urteil des Inspektors Vollpracht über die pädagogischen Erfolge und die Zweckmäßigkeit der Reise des Schullehrers Steup möge schließlich auszugsweise hier folgen:

"... Herr Steup hat, wie seine Schule noch ganz unter meiner Aufsicht stand, über mehrere Gegenstände, welche eigentlich nicht dahin gehörten, Unterricht gegeben. Sein Fleiß und das Vergnügen der Kinder daran haben mich sehr erfreut.

Die Haupt-Sachen: Lesen, Schreiben, Rechnen, Verstandesübung, Singen und Religionsunterricht wurden dabei gar nicht versäumt; sie gingen allem vor und werden auch jetzt durch das, was er aus der Pestalozzischen Methode weiter einführen will, nicht versäumt werden.

Sein Fleiß, seine Redlichkeit, seine Einsichten, sein Bestreben nach dem Immer-Besserwerden bürgen dafür ...


Dillenburg, den 3. Januar 1811
Inspektor Vollpracht."

Im gleichen Jahre (1810) erschien von ihm eine kurze Anleitung zum Kopfrechnen für den Gebrauch in Schulen. Mit dem Kirchenrat Schwarz in Heidelberg, einem bekannten Schulmann damaliger Zeit, und anderen namhaften Pädagogen Deutschlands stand er in enger Verbindung und regem Schriftverkehr.
Er ist auch der Schöpfer der schönen Melodie des Liedes im evangelischen Gesangbuch: Wer nur den lieben Gott läßt walten und hoffet auf ihn allezeit usw. oder: Was ist mein Leben auf der Erde? Ein Wechsel ist's von Lust und Leid usw. Dadurch hat er sich ein herrliches und bleibendes Denkmal für alle Zeiten gesetzt.

Nachdem sein Vater am 14. Februar 1812 gestorben war, bat er die hohe Obrigkeit um endgültige Übertragung der erledigten Schulstelle. Die Bittschrift wurde von dem Präfekten des Sieg-Departements zu Dillenburg mit folgendem Bericht dem Herrn Minister des Innern zu Düsseldorf vorgelegt:

"Dillenburg, den 4. April 1812

Der Mädchen-Schullehrer Steup dahier ist im Monat Februar d. Js. mit Tod abgegangen. Sein Sohn Philipp hatte ihn bereits seit dem Jahre 1792 im Dienste unterstützt und wurde ihm endlich im Jahre 1800 von der vormaligen hiesigen Regierung mit Hoffnung der Dienstnachfolge adjungieret.

In der angebogenen Vorstellung bittet derselbe um förmliche Übertragung des Dienstes.
Dieser junge Mann besitzt hinlängliche Eigenschaften, welche ihn zu dieser Stelle tüchtig machen, und hat solches durch seinen seitherigen nützlichen Unterricht vorzüglich und auf die rühmlichste Weise bewährt.

Ich finde also kein Bedenken, ihn Ew. pp. zur Willfahrung seines Gesuches gehorsamst zu empfehlen, und bemerke nur noch, daß die mit dieser Stelle verknüpfte Besoldung überhaupt 363 Fr., 45 Cts. beträgt.

Unterschrift."

Daraufhin wurde ihm mit Genehmigung des Herrn Ministers des Innern zu Düsseldorf vom 9. Mai 1812 die erledigte Lehrerstelle an der Mädchenschule zu Dillenburg mit der damit verbundenen Besoldung und den sonstigen Diensteinkünften endgültig übertragen.
Außerdem ernannte ihn die Landesregierung im Dezember 1817 zum Schreiblehrer an dem Pädagogium (späteren Gymnasium) in Dillenburg.

Er wurde am zweiten Weihnachtstag 1820 bei der Einübung der Lieder zum Totenfest auf der Orgelbank vom Schlag getroffen und starb an demselben Tag abends zwischen 6 und 7 Uhr, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.

Musikfreunde, denen er oft Dienste erwiesen hatte - er war Dirigent einer Musikkapelle, die öfters in der Kirche bei Festen den Gesang begleitete -, ehrten den Erblaßten am Grabe durch den Hauch ihrer Instrumente.

Über sein Ableben berichtete der damalige Schulinspektor Professor Roemer der Herzoglich Nassauischen Landesregierung:

"Mit großer Betrübniß berichte ich der Herzogl. Landes-Regierung den Verlust eines sehr verdienten Schulmannes, wofür ich in diesem Augenblick noch keinen Ersatz kenne. Als gestern nach geendigtem Nachmittags-Gottesdienst Schullehrer Steup mit der Schuljugend die Lieder, die bey der Todtenfeier gesungen werden sollten, in der Kirche probiert hatte, befiel ihn auf der Orgel ein Schlagfluß. Man trug ihn aus der Kirche in meine Wohnung. Die Ärzte wandten alle Mittel an: allein er blieb ohne Besinnung und verschied des Abends zwischen 6 bis 7 Uhr. Schullehrer Steup starb so eigentlich in seinem Berufe, nur leider zu frühe in seinem 46sten Jahre.
Nach den Ferien mögen sich die beyden hiesigen Hilfslehrer in die Arbeit des Verstorbenen theilen, soweit es geschehen kann.

Dillenburg, den 27. Dezember 1820

Professor Roemer."

Ein vortrefflicher Mann war mit ihm allzu früh aus dem Leben geschieden. Sein Nekrolog steht im Nass. Schulblatt von 1856, S. 61. Vergl, auch im gleichen Blatte von 1861, S. 141 und 267, die Erinnerungen an ihn sowie seine Lebensbeschreibung in Nr. 3 der Dillenburger Heimatblätter vom Juni 1932.

 

Anmerkungen:

*) Dillenburg und der Westerwald kamen unter der napoleonischen Fremdherrschaft zum neugebildeten Großherzogtum Berg, das anfänglich in sechs Kreise geteilt war, von denen einer der Kreis Dillenburg war und die oranischen Lande umfaßte. Später wurde das Großherzogtum Berg dem französischen Reich einverleibt, das französische Gesetzbuch, der Code Napoleon, eingeführt und durch ein Dekret vom 14. November 1808 das Land nach französischer Weise in Departements, Arrondissements, Cantons und Mairien eingeteilt. Der Westerwälder Bezirk mit den übrigen oranischen Landesteilen gehörte zum Sieg-Departement. Dillenburg mit dem Sitz eines Obertribunals war die Hauptstadt des Sieg-Departements. In Marienberg war eine Mairie, und das Amt Marienberg bildete mit dem Amt Rennerod zusammen einen Canton, der wieder zum Arrondissement Dillenburg gehörte. Die französische Herrschaft dauerte nur bis 1813. Nach der Schlacht bei Leipzig am 16. -19.10.1813 ergriff Wilhelm Friedrich, Fürst von Oranien-Nassau, die Regierung über seine Lande wieder, löste die französische Regierung auf und führte die Ämter und die alte Regierung wieder ein.

 

 

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