Im Jahre 1678 wurde ein Hexenprozeß durchgeführt, bei dem einer Frau aus Hardt mehrfache Kindestötung durch Hexerei vorgeworfen wurde. Paulus Müller von Hardt beschuldigte Helene Dencker, die Witwe des Hanß Gerhardt Dencker, eine Hexe zu sein. Bei dem in Beilstein geführten Prozeß traten außer Paulus Müller noch 4 weitere Zeugen auf: 1. Merten Müller d. Ä. aus Hardt, 2. dessen Ehefrau Entgen, 3. Merten Müller d.J. und 4. dessen Ehefrau Anna Maria.
Insgesamt 15 Fragen, I"ndicionalarticul" genannt, waren ausgearbeitet und wurden den Zeugen einzeln zur Beantwortung vorgetragen. Darin wurde die beschuldigte Frau der Zeit gemäß als „Beklagtin“ bezeichnet. Zu den ersten vier Fragen, die allgemein gehalten waren, mußten sich alle Zeugen äußern:
- Ob nicht [...] bey höchster Straff verbotten, daß niemand zauberey gebraucben, viel weniger menschen undt vieh damit tödten undt schaden zufügen soll?
- Ob nicht wahr, daß [...] b[eklag]tin von den leuten dieses orts lange zeit hero mit der zauberey verdacht undt berüchtigt gewesen undt für eine zauberinne von vielen leuten gehalten worden.
- Ob nicht wahr daß von vielen leuten offters vor eine hex gescholten, solches aber [...] ohngeandet gelaßen.
- Ob Zeug nicht gehöret oder gesehen, was sie begangen undt solches in specie zu berichten undt zu vermelden weiß?
Den Zeugen Merten Müller d.Ä. und seiner Frau wurden folgende Fragen gestellt:
- Ob nicht wahr, daß [...] b[eklag]tin vor ohngefehr 20 jahren in ihr hauß gekommen undt waßer auß ihrem keller zu holen begehret, inzwischen sie ihr das kind von 8 wochen von dem arm genommen, das kind aber in dem moment kranck worden undt einen tag darnach gestorben seye.
- Ob nicht wahr, daß alß daß kind mit tod abgangen, selbiges ein braunes creuz uber dem rucken gehabt, gleich alß wann es mit der hand were gestrichen gewesen?
- Ob nicht wahr, daß[...] b[eklag]tin ebenfalß sie einsten uber das haubt angeblasen, alß sie bei dem fewer gestanden undt gesagt, ich mus euch die eschen vom haubt blasen?
- Ob nicht wahr, daß in dem augenblick kranck worden undt geweßen, haubtschmerzen empfunden, die ursachen dieser kranchheit aber undt den tod ihres kindes niemand anders alß [...] b[eklag]tin zuschreibe?
Den Zeugen Merten Müller d.J. und seiner Frau werden die folgenden Fragen gestellt:
- Ob nicht vor vier jahren [...] b[eklag]tin in ihr hauß kommen, sich bei die wiege nidergesezet und mit ihr zeugin geredet, endlich aber, alß sie wider fort gewesen, ihr kind von 143 tagen in dem augenblick kranck worden undt den 3. tag hernach gestorben?
- Ob nicht wahr, alß sie zeugin vor einem jahr ihr leinentuch gepleicht, daß [...] b[eklag]tin damahl ihr bey sich gesund gehabtes kind von freyem muth ufgehoben undt selbiges in dem Moment kranck geworden, die ursach deß tods undt krankheit ihrer kinder aber niemand anders alß [...] b[eklag]tin beymeße?
Die letzten Fragen wurden an Paulus Müller, der Helene Dencker angezeigt hatte, allein gerichtet:
- Ob nicht wahr, daß vor 27 jahren [...] bleklag] tin in seyn hauß kommen undt sich der wigen genähert undt, alß sie wider weggangen, seye seyn kind plözlich kranck worden undt inwendig 8 tagen gestorben.
- Ob nicht wahr, dajs’ seine haußraw [= die Frau von Paulus Müller] darauf gestorben , die [...] b[eklag]tin habe ihr kind umbs leben bracht.
- Ob nicht wahr, daß hernachmal, alß daß kind gestorben gewesen, die [...] b[eklag]tin etlich mahl zu ihme zeugen kommen undt gesagt, ihr beschuldigt mich uber eweres kindes tod, es geschieht mir aber unrecht.
- Ob nicht zeug vor diesem auch zum [...] ankläger verordnet gewesen undt [...] b[eklag]tin in 5 protocollen denunciiret gefunden.
Da nur die Fragen, nicht aber die Antworten in den Akten erhalten sind, ist auch der Ausgang des Prozesses und das Schicksal der Helene Dencker aus Hardt ungewiß. Deshalb ist nicht sicher, ob die Frau auf dem Galgenberg bei Salzburg, wo gewöhnlich Hinrichtungen stattfanden, ein schlimmes Ende fand oder ob sie sich gegen eine Kaution freikaufen konnte. In den meisten Fällen endeten die Hexenprozesse mit dem Tode der beschuldigten Person.
Da Helene Dencker 10 Jahre nach Prozeßende, am 12 März 1688 im Alter von 63 Jahren in Hardt gestorben ist, muß sie den Prozeß überlebt haben.
Quelle: Bad Marienberg - Die Kirchengeschichte, 1996, Band 4, S. 172 ff.