Monte Vista 7. August 1898
Lieber Vater und Geschwister!
Euern lieben Brief erhalten und daraus ersehen, daß es Euch noch gut geht. Wie ich Euch schrieb, gefällt es mir hier nicht. Warum? Ich denke zuviel an meinen Vater und Geschwister in Deutschland und das macht mir Heimweh, weshalb es mir so schwer wird zu schreiben. Ich habe an Henry Weyand geschrieben und werde diese Woche Antwort erhalten. Ich will es noch ein oder zwei Jahre probieren und wenn es mir dann nicht besser gefällt, komme Ich heim.
Ich kann jetzt ziemlich gut Pferde beschlagen. Das geht hier anders wie in Deutschland. Ich beschlage die Pferde allein, man stellt sich rückwärts bei den Vorderfüßen und packt den Fuß zwischen die Beine und schlägt den Schuh (nagelt das Fußeisen) auf und die Hinterfüße legt man über die Knie. Die Frucht steht hier gut.
Louis sein Onkel kommt zum Herbst nach Deutschland und könnt Ihr von ihm alles erfahren.
Wie geht es allen meinen Verwandten. Ist Cousin Gustav damals wieder gut geworden oder nicht? Wie gerne ich Euch alle noch einmal sehen würde, könnt Ihr Euch nicht denken. Was macht meine Schwester Emilie, Emma, Dora und Bertha? Ich denke immer daran wie die kleine Emma und Dora samstags abends auf mich warteten, wenn ich von Siegen kam und ich ihnen etwas mitbrachte. Ich wünschte sie täten mir auch einmal schreiben.
Ich will nun schließen für diesmal mit vielen Grüßen an Euch alle
Euer August
Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914