Denver Colo. 28/3 1907
Lieber Vater und Schwestern!
Euern lieben Brief heute abend erhalten und will Euch gleich antworten.
Ich habe bis jetzt von W. [Wilhelm] Remy gehört und braucht Ihr Euch deshalb keine Gedanken darüber zu machen. Wir brauchen hier so keine Leute und im Falle, er schreiben sollte, werde ich schon Bescheid wissen. Ich habe übrigens keine Zeit mich mit solchen Leuten herum zu plagen. Im Falle er hierher kommen sollte, müßte er solche Sachen aufgeben, und zudem kann er ja auch nicht Englisch sprechen und das müßte er im Falle er hier arbeiten wollte.
Emilie ihren Brief nebst Bild habe ich erhalten am selben Tag, wo ich Euern Brief erhielt und habe beide den selben Tag beantwortet. Emilie schreibt mir, daß sie einen kleinen Sohn hätte. Es tut mir leid, daß Ihr krank seid und hoffentlich werdet Ihr bald wieder in Ordnung sein.
Ich bin seit ungefähr 2 Wochen in Denver bei Louis und habe Dora gesehen. Sie sagte mir, daß Ihr mehr für sie getan hättet wie jemand in Deutschland.
Ich werde wahrscheinlich ungefähr 40 Meilen von hier arbeiten gehen, und wenn nicht, bleibe ich viel leicht in Denver. Louis hat ein Interesse an einem Eisengeschäft, ungefähr wie eine Schlosserei in Deutschland. Denver ist eine große Stadt, hat ungefähr 150000 Einwohner.
Ihr schreibt ja nicht, was Ihr von meinem Bilde denkt. Ihr könnt mir hierher schreiben. Auch Briefe an meine alte Adresse erhalte ich, denn die werden immer nachgeschickt.
Adresse:
Mr. Aug. Miller
2239 W26 Ave.
Denver Colorado
Ich will nun schließen und hoffe, daß Ihr Euch keine Gedanken über mich macht und daß Ihr bald wieder gesund seid.
Euer August
Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914