Denver Colo. Sept. 14. 1912
Lieber Vater!
Euern lieben Brief erhalten und will Euch heute antworten.
Leider kann ich augenblicklich das Geld nicht schicken, denn ich bin beinahe in der selben Lage wie Ihr seid oder noch schlimmer. Ich habe über 400 Dollar geborgt für mein Geschäft, welches bis zum 13. nächsten Monats fällig ist. Obwohl ich das Geld ausstehen habe, kann ich doch nichts hereinkriegen. Werde probieren, wenn möglich, 300 Mark zu borgen und Euch zu schicken, doch weiß ich augenblicklich nicht wo, doch wird sich vielleicht Rat finden. Die Geschäfte gehen hier sehr schlecht schon über ein Jahr. Letztes Jahr um diese Zeit hatte ich 3 Mann für mich arbeiten. Jetzt tue ich alle Arbeit selbst, und die halbe Zeit ist nichts zu tun.
Das Wetter diesen Sommer war sehr schlecht, immer Regen und fast kein warmes Wetter. Die Blätter an den Bäumen kamen erst im Juni und heute schneit es schon! Ich weiß sonst nichts mehr zu schreiben.
Louis seine Frau ist krank im Hospital, auch Dora fühlt sich nicht sehr gut. Also, ich werde probieren das Geld für Euch zu kriegen, wenn möglich.
Viele Grüße Euer August
Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914